Samstag, 5. März 2011

Was ist dein Lieblingsfilm?

Seit ich mich erinnern kann, hat mir diese Frage graue Haare verursacht. Vielleicht habe ich deshalb schon so viele und es liegt doch nicht an den schlechten Genen...
Schon in der Grundschule waren mir diese elendigen Freundschaftsbücher, in denen man sich auf so viele Lieblinge festlegen musste ein Graus.
Am allerschlimmsten war stets die Frage nach meinem Lieblingsfilm. Das ist aber auch ein Balanceakt. Natürlich kann das nicht irgendein Film sein, man muss ja einen coolen Eindruck erwecken. Vielleicht irgendetwas, das die meisten nicht kennen, das aber als Klassiker zählt... so zumindest meine frühen Gedanken.
Mit zunehmendem Alter verschiebt sich diese Perspektive mehr in Richtung der ehrlichen Wie-ich-darf-nur-einen-nennen?-Problematik.
Ich habe Filme schon immer geliebt. Ob das nun als Kind die Bud Spencer und Terrence Hill Streifen oder die Sindbads mit den Stop-Motion-Spielzeug-Monstern waren. Filme fand ich immer toll. Logischerweise habe ich auch jede Menge Filme gesehen. Es können allerdings nie genug sein, meiner Meinung nach...
Wie kann sich also jemand erdreisten, von mir zu verlangen, aus all den Filmen, die ich gesehen habe, einen einzigen auszuwählen und ihn zu meinem alleinigen Favouriten zu kühren? Darf ich vielleicht eine Top Five Liste angeben? Oder besser Top Ten?
Höchstwahrscheinlich messe ich dieser Frage viel zu viel Bedeutung zu, doch ich muss gestehen, dass ich zu der Kategorie Mensch gehöre, die ihre Meinung über den Charakter anderer auf Grundlage von Musik- und Filmgeschmack bildet.
Da kann ein Satz, wie "Ich liebe Coldplay..." schon mal das Ende einer Freundschaft bedeuten.
All diese Umstände im Hinterkopf, verblüffe ich mich neulich selbst, als ich auf die beiläufige Frage nach meinem Lieblingsfilm, unbewusst und noch viel beiläufiger eine Antwort gebe. Ohne eine Sekunde nachgedacht zu haben, höre ich mich selbst "Bronson" sagen.

Auf die sich anschließende Frage hatte ich allerdings keine Antwort. Warum?
Warum ausgerechnet "Bronson"?
Das erste Mal auf Bronson aufmerksam geworden, bin ich im Klingenberg Kino in Oslo, als der Trailer vor Inglourious Basterds lief und ich mir dachte: "Oh, das sieht sehr interessant aus..." Doch dieser Gedanke versteckte sich ungefähr 10 Monate lang in meinem Hinterkopf. Bis eines Tages mein Bruder, der einen eher rabiaten Filmgeschmack hat, mich nach einer Empfehlung fragte. Es war nach zehn Uhr abends, ich war erschöpft, gerade von der Arbeit zurück, da fiel mir Bronson ein.
Normalerweise interessiere ich mich mehr für die Regisseure, als für die Darsteller, weil es deren Vision ist, die man am Ende sieht. Oder das, was der eigentlichen Vision am nächsten kommt. Deswegen ordne ich meine DVD-Sammlung auch nach Regisseuren: Wright, Burton, Tarantino, Coens, Fincher, Olsen, Kubrick, Romero, Aronofsky, Boyle... usw...
Von Nicolas Winding Refn allerdings hatte ich vorher noch nie gehört. Trotzdem machte mir das erneute Ansehen des Trailers große Lust, den Film dann doch endlich mal anzuschauen. Ich tat es noch an diesem Abend.
Und ich war völlig überrascht. Ich hatte etwas anderes erwartet. Etwas völlig anderes.
Doch anstelle eines gewaltätigen Gefängnisfilms (ohne untermauern zu wollen, dass der Film zu großen Teilen in Gefängnissen spielt und sehr gewaltätig ist), bietet sich einem in aller erster Linie eine faszinierende Charakterstudie.
Sicherlich ist der Film so etwas wie biographisch, er geht aber weit über eine banale Aneinanderreihung bedeutender Lebensdaten hinaus.

Tom Hardy spielt brilliant. Seine Darstellung ist so detailreich, dass man immer wieder neue Aspekte entdeckt. Sei es seine Art zu sprechen, das Lachen, das geräuschvolle Atmen, sein Gang, das Anspannen der Muskeln... Millionen kleinster Teile, die unmöglich zu beschreiben sind, perfektionieren seinen Charlie Bronson.
Auch die Nebendarsteller zeigen sich nur von ihrer besten Seite, doch alle verlieren sich in Hardys Schatten.

Die Musik ist herrlich. Sie setzt sich aus orchestraler, klassischer Musik und Elektro zusammen. Da steht Wagner neben Glass Candy und den Pet Shop Boys. Eine Kombination, die vielleicht merkwürdig klingt, aber hervorragend funktioniert.

Winding Refn legt den Film auf unterschiedlichen Ebenen an. Man hat zunächst die biographische Handlung, die chronologisch vorgeht und Michael Peterson bzw. Charles Bronson episodenhaft auf seinem Weg begleitet, doch dann gibt es auch noch die Reflektionsebene. Die, in der Bronson zum Erzähler seiner eigenen Geschichte wird und sich im Stil des Varietes vor einem Publikum präsentiert. Dies alles wird zu einer Metapher über das unbedingte Streben nach Ruhm, die in unserer in die Öffentlichkeit dringenden Zeit, beängstigend zutreffend ist.

Es ist unfassbar, was Refn, der keinen Kontakt mit Bronson hatte und Hardy, der ihn sogar im Gefägnis besuchte aus einer relativ bescheidenen Grundsituation geschaffen haben: Englischer Kleinkrimineller überfällt Post, erbeutet etwa 30 Pfund, muss für sieben Jahre ins Gefängnis, verlängert Strafe aufgrund von Fehltritten im Knast auf inzwischen über 30 Jahre.
Bronson ist so viel mehr. Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich den Film gesehen habe. Was ich weiß, ist, dass ich ihn beinahe mitsprechen kann, wenn er läuft. Wenn mir langweilig ist, kann ich ihn in meinem Gehirn anschalten und vor meinem inneren Auge schauen und das macht ihn einzigartig.
Das hebt ihn von all den anderen Filmen, die ich großartig finde, ab.
Das macht ihn ganz einfach zu meinem (momentanen, denn eine Einschränkung muss man sich ja lassen) Lieblingsfilm.

Mittwoch, 2. März 2011

Frauen und Literatur.

Zunächst einmal: Ich bin nicht sexistisch. Kann man das als Frau überhaupt? Ich habe keine altbackenen Ansichten, die die Frau hinter den Herd pferchen oder sie beruflich auf bestimmte Arbeitsfelder limitieren. Ganz und gar nicht. Frauen stehen Männern in nichts nach.
Ich bin einfach nur der Meinung, dass Frauen nicht schreiben können.
Damit beziehe ich mich in erster Linie auf Belletristik. Belletristik für Erwachsene. Das soll heißen, dass ich Kinder- und Jugendbücher ausschließe. Jugendbücher machen mich in den meisten Fällen zornig und ich räume ein, dass man als Mutter durchaus in der Lage ist, ein gutes Kinderbuch zu schreiben. Aber was ist mit anspruchsvollen Romanen?
Wann immer ich etwas von einer weiblichen Autorin lesen, stellt sich eine von zwei Reaktionen ein.
Variante Nr. 1: Die Lektüre erscheint mir übertrieben weiblich. Nicht, dass so etwas wie eine komplexe Handlung nicht möglich wäre, Jenny Erpenbecks Buch 'Heimsuchung' ist da meiner Meinung nach ein sehr gutes Gegenbeispiel, aber man hat so einen vorsichtigen Standpunkt, eine mütterliche Omnipräsenz, die einem von Anfang an klar macht, dass man nicht mit allem rechnen muss. Und immer kreist das Erzählte auf eine unterschwellige Art um die Liebe herum. Eine Leier, die einen einfach nicht in Ruhe lässt. Das finde ich anstrengend.
Selbstverständlich sind die gezeichneten Frauen in Büchern männlicher Autoren oft lächerliche Wunschvorstellungen, doch selbst solche liegen mir mehr, als weibliche Darstellungen von Weiblichkeit.
Variante Nr. 2: Das Geschriebene wirkt künstlich männlich. Dabei bekomme ich das Gefühl, dass die Autorin versucht, extra maskulin zu schreiben, um den Eindruck der ersten Variante zu verhindern. Das ist dann schnell gekünstelt und bereitet einem keine Freude beim Lesen. Besonders aufgefallen ist mir das in Kurzgeschichten einer Autorin, deren Namen ich nicht anführen möchte.

Sicherlich können Frauen auch ein vergnügliches Buch schreiben. Ich denke da beispielsweise an "Mängelexemplar" von Sarah Kuttner. Dieser Roman liest sich schnell und angenehm, er ist sehr unterhaltend, humorvoll und bindet den Leser emotional an seine Protagonistin.
Das mag auch bei vielen anderen Büchern der Fall sein, aber was mir trotzdem fehlt, ist eine gewisse Art der sprachlichen Eleganz. Der Freude beim Lesen, die nicht durch den Inhalt, sondern allein durch die Wahl der Worte begründet ist. Ganz so, wie man es bei Wilde, Hesse, Kafka, Grass, Irving erlebt.
Frauen enden viel zu häufig darin, Geschichten weiter und weiter zu weben. Deswegen gibt es so viele Buchreihen weiblicher Autoren. Sie können kein Ende finden. Und ein gutes Ende ist der wichtigste Teil einer Geschichte. Man muss auch loslassen können.
Das fällt mir im realen Leben schwer, ein Hinweis darauf vielleicht, warum es vielen Frauen in der Literatur ähnlich geht. Damit ich nicht unverbesserlich wirke, werde ich versuchen meinen Horizont zu erweitern. Aber ich fürchte, dass ich noch lange auf das Buch einer Schriftstellerin warte, dass mich wirklich begeistert.

Ich kann meine Position auch statistisch untermauern: Es gibt 107 Preisträger des Nobelpreises für Literatur. 95 davon sind Männer.

Dienstag, 1. März 2011

And the Oscar goes to: "The Wolfman"

Ich schaue mir jedes Jahr die Oscarverleihung an.
Das stößt bei vielen auf Ablehnung. Zumindest aber zweifeln sie dann an meiner Person.
Doch ich mag das ganze Gedöns. Gut, die Mode interessiert mich herzlich wenig und ich kann auch verstehen, dass viele Leute die Verleihung an sich zu vorhersehbar und altbacken finden, aber für mich ist das eine Nacht im Jahr, für die ich gerne meinen Schlaf opfere.
Dieses Jahr war ich besonders erfreut. Ich kann es immer noch nicht fassen. Meinen ersten Schock hatte ich, als die Nominierungen bekannt gegeben wurden: The Wolfman war dabei.
Ja, The Wolfman. Ich konnte es bei seinem Erscheinen schon nicht abwarten diesen Film zu sehen. Immerhin spielt Benicio del Toro die Hauptrolle. Das muss doch gut sein. Oder? Und es geht um Werwölfe! Das muss es doch noch besser machen. Oder?
Nun ja. Vorab: Ich liebe The Wolfman. Mir ist nicht ganz klar warum, aber ich finde den Film großartig. Ich hatte schon bei der Kinoversion großen Spaß und der Director's Cut, den ich auf DVD habe, geht dankbarerweise mehr auf die Charaktere ein und rundet das Ganze für mich deshalb noch mehr ab.
Nun ist es leider so, dass ich niemanden habe, mit dem ich vernünftig Horrorfilme schauen könnte. Deswegen muss ich seltene Besuche von meinen engsten Freunden, die leider alle in anderen Städten als ich lebe, nutzen, um mit ihnen zusammen das zu sehen, was allein meist nur einen Bruchteil der Freude bereitet.
Ich sah also mit einem dieser Lieblingsmenschen The Wolfman. Er war übermüdet, kämpfte sich trotzdem durch die beinahe zwei Stunden. Mein reguläres in die Seite Pieksen hat sicherlich auch geholfen. Doch als der Film zu Ende war, schaute er mich lange an. Schweigend. Dann endlich sein Fazit: "Du, das ist einfach ein echt schlechter Film."
Überzeugen konnte er mich natürlich nicht. Seine Reaktion verblieb auch nicht die einzige dieser Art. Aber ich halte weiterhin zu "The Wolfman".
Und am Sonntag wurde ich glorios bestätigt, als der Film einen Oscar gewann. Gut, es handelt sich lediglich um den Oscar für die beste Maske, aber Oscar ist Oscar!
Und ich habe bei noch keiner Verleihung so schallend lachen müssen.
Die meisten Kritiken, die ich zu The Wolfman gelesen habe, bemängeln, dass der Film nichts Neues zeigt. Ähm, ja. Das mag erstens dadurch begründet sein, dass es sich um ein Remake handelt und zweitens, dass es ein Werwolffilm ist und damit ein Repräsentator des wohl am strengsten beregelten Subgenres des Horrorfilms.
Denn während Zombies immer durch die Gegend schlurfen und wie George A. Romero zeigt, auch lernfähig sein können, so ist der Werwolf ein sehr begrenztes Monster.
Die Dinge, die man als Probleme auffassen könnte, machen den Werwolfsfilm für mich um so liebenswerter.
1.) Der Werwolf an sich ist nicht das Monster, sondern zu meist der Protagonist, den der Zuschauer gerne hat. Er kann nichts für sein Schicksal. (Zombies können sicherlich auch meist nichts für ihre Wiederauferstehung, aber sie sind auch eher selten die Protagonisten des Films, Fido einmal ausgenommen.)
2.) Wirklich blutrünstig ist der Werwolf nur einmal im Monat, bei Vollmond. Dann natürlich ausgibig, aber den Rest des Monats ist das nicht besonders spektakulär.
3.) Ein Werwolf kann nur von einer Silberkugel (manchmal mit/manchmal ohen den Zusatz von wahrer Liebe) getötet werden.
Drei eigentlich ziemlich simple Regeln, die einem jedoch schnell Grenzen aufzeigen. Dass man trotzdem etwas sehr Eigenes hervorzaubern kann, hat John Landis mit "An American Werewolf in London" bewiesen.
Selbstverständlich hält sich auch The Wolfman an diese Vorgaben. Der Film hat bis auf Anthony Hopkins bitterböse Kommentare kaum Humor, dafür aber jede Menge Blut, fliegende Körperteile und einen finster schauenden Hugo Weaving.
Und er fürchtet sich nicht davor, den Wolf zu zeigen. Meist ist es ja so, dass die Bedrohung an Schrecken verliert, wenn man sie sieht und hier handelt es sich um keine Ausnahme. Aber immerhin will man den Wolf ja auch mögen. Es ist doch Benicio.
Der besser und besser wird, je mehr man ihn foltert.
Höchstwahrscheinlich gehört "The Wolfman" in die Schublade der Guilty Pleasures, von denen man nicht zugeben darf, dass man sie gut findet, aber ich werde auch weiterhin zu ihm stehen.
Auch mit klischehaftem Wolfsgeheul. Und vorhersehbarer Handlung. Und flacher Liebelei. Und Zigeunern.